Norwich Cathedral
Sehenswürdigkeit | Norwich | England | Großbritannien
Historische Kathedrale in Norwich
Die Norwich Cathedral in Norwich, England, ist eine der bedeutendsten und ältesten Kathedralen Großbritanniens und ein herausragendes Beispiel normannischer Architektur mit gotischen Ergänzungen. Offiziell als „Cathedral Church of the Holy and Undivided Trinity“ bekannt, steht sie unter der Verwaltung der Church of England und dient sowohl als aktiver Gottesdienstort als auch als Touristenattraktion. Im Herzen der historischen Stadt Norwich gelegen, die einst eine der größten und wohlhabendsten Städte des mittelalterlichen Englands war, verkörpert die Kathedrale über 900 Jahre Geschichte und Spiritualität. Sie ist bekannt für ihre beeindruckende Architektur, ihre kunstvollen Details und ihre Rolle als kulturelles Zentrum der Region Norfolk.
Normannische Architektur in England
Die Geschichte der Norwich Cathedral beginnt im Jahr 1096, als Herbert de Losinga, der erste Bischof von Norwich, den Bau in Auftrag gab. Nach der Eroberung Englands durch die Normannen im Jahr 1066 wurde Norwich als strategischer Standort ausgewählt, um eine neue Kathedrale zu errichten, die die Macht der Kirche und des neuen Regimes demonstrieren sollte. Der Bau zog sich über Jahrzehnte hin, wobei die Hauptstruktur bis etwa 1145 fertiggestellt wurde. Die Kathedrale ersetzte eine frühere angelsächsische Kirche und wurde aus lokalem Caen-Stein und Flintstein errichtet, was ihr eine hellgraue, robuste Erscheinung verleiht. Im Laufe der Jahrhunderte wurde sie durch gotische Elemente erweitert, insbesondere nach einem Brand im Jahr 1171 und einem Aufstand 1272, die Restaurierungen und Neuerungen erforderlich machten.
Besonderheiten der Norwich Cathedral
Architektonisch ist die Norwich Cathedral ein Meisterwerk des normannischen Stils, erkennbar an ihren massiven Rundbögen, wuchtigen Säulen und der klaren, funktionalen Struktur des Hauptschiffs – eines der längsten in England mit 76 Metern. Der 96 Meter hohe Turm, der zwischen 1121 und 1145 erbaut wurde, ist der zweithöchste Kathedralturm Englands und mit seiner gotischen Spitze aus dem 15. Jahrhundert ein markantes Wahrzeichen. Diese Spitze wurde nach einem Blitzschlag 1463 hinzugefügt und besteht aus Backstein, was für normannische Kathedralen ungewöhnlich ist. Das Hauptschiff beeindruckt mit seiner Höhe und den erhaltenen normannischen Ornamenten, während der Chor mit seinen filigranen gotischen Gewölben aus dem 14. Jahrhundert den Übergang zu einem leichteren Stil zeigt.
Kunstschätze der Norwich Kathedrale
Ein besonderes Highlight ist der Kreuzgang, der zwischen 1297 und 1430 im gotischen Stil erbaut wurde und als der größte Kloster-Kreuzgang Englands gilt. Seine Bögen sind mit über 400 kunstvollen Dachbossen verziert, die Szenen aus der Bibel, mittelalterliche Alltagsszenen und fantastische Kreaturen darstellen – ein Schatz der Steinmetzkunst. Der Kreuzgang umschließt einen Garten und bietet eine ruhige Atmosphäre, die Besucher zur Besinnung einlädt. Neben dem Kreuzgang ist die Krypta ein weiteres bemerkenswertes Überbleibsel aus dem 11. Jahrhundert, eine der ältesten Teile der Kathedrale, die ursprünglich als Pilgerkapelle diente und heute für kleinere Gottesdienste genutzt wird.
Touristenattraktionen in Norwich
Die Kathedrale ist auch für ihre kunsthistorischen Schätze bekannt. Der Bischofsthron hinter dem Hochaltar stammt aus der sächsischen Ära und ist einer der ältesten erhaltenen in England, ein Relikt der ursprünglichen Kirche. Die Glasfenster, obwohl viele im Bürgerkrieg zerstört wurden, wurden im 19. und 20. Jahrhundert restauriert und ergänzt, darunter Werke von Künstlern wie John Piper, die moderne Akzente setzen. Ein weiteres Juwel ist die „Despenser Retable“, ein bemaltes Altarretabel aus dem 14. Jahrhundert, das nach einem Aufstand gegen Bischof Henry Despenser in Auftrag gegeben wurde und heute im St. Luke’s Chapel ausgestellt ist.
Norwich Cathedral hat eine bewegte Geschichte überstanden. Während der Reformation im 16. Jahrhundert entging sie größeren Zerstörungen, doch im englischen Bürgerkrieg 1643 wurde sie von puritanischen Truppen geplündert, die Statuen zerstörten und das Innere verwüsteten. Spätere Restaurierungen, insbesondere im viktorianischen Zeitalter unter Anthony Salvin, stellten ihren Glanz wieder her. Die Kathedrale spielte auch eine Rolle in der Literatur – sie inspirierte Autoren wie Julian of Norwich, eine mittelalterliche Mystikerin, deren Zelle einst in der Nähe stand, und wird in modernen Werken wie Philip Pullmans „His Dark Materials“ erwähnt.
Für Besucher bietet die Kathedrale zahlreiche Entdeckungen. Der Turm kann bestiegen werden und belohnt mit einem Panoramablick über Norwich und die umliegende Landschaft bis zu den Norfolk Broads. Geführte Touren beleuchten die Geschichte und die verborgenen Details, wie die mittelalterlichen Wandmalereien im Chor oder die Dachbossen, die Geschichten von Drachen und Heiligen erzählen. Der Chorgesang des Kathedralchors, der täglich singt, füllt den Raum mit Klang und verstärkt die spirituelle Atmosphäre. Ein Café im Besucherzentrum und ein Laden mit Büchern und Souvenirs runden das Erlebnis ab.
Die Umgebung der Kathedrale ist von einem gepflegten Garten umgeben, der Teil des Cathedral Close ist – einem historischen Viertel mit georgianischen Häusern, das eine friedliche Enklave bildet. Ihre Nähe zum Fluss Wensum und zur mittelalterlichen Stadt macht sie zu einem idealen Ausgangspunkt für Erkundungen. Die Kathedrale bleibt ein lebendiger Ort, der neben Gottesdiensten Konzerte, Ausstellungen und Veranstaltungen wie das Norwich Festival beherbergt.