199 Steps
Sehenswürdigkeit | Whitby | England | Großbritannien
Die "199 Steps" in Whitby, einer malerischen Küstenstadt in North Yorkshire, England, sind eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Region und ein ikonisches Symbol der Stadt. Diese historische Treppe, auch als "Church Stairs" oder "Jacob’s Ladder" bekannt, verbindet die Altstadt am Hafen mit der Kirche St. Mary und den Ruinen der Whitby Abbey, die hoch oben auf den Klippen des East Cliff thronen. Die 199 Stufen gelten als eine Herausforderung für Besucher, belohnen jedoch mit einem atemberaubenden Ausblick über die Stadt, den Hafen und das Meer – ein Anblick, der Whitby unvergesslich macht.
Die Geschichte der "199 Steps" reicht mindestens bis ins Jahr 1370 zurück, als sie erstmals urkundlich erwähnt wurden, obwohl Historiker vermuten, dass ein Weg an dieser Stelle schon früher existierte, da die Kirche St. Mary bereits im 12. Jahrhundert erbaut wurde. Ursprünglich bestanden die Stufen aus Holz und waren bunt bemalt, bis sie um 1774 durch robuste Steine aus einem nahegelegenen Steinbruch in Sneaton ersetzt wurden. Diese Umstellung war Teil eines größeren Projekts, um die Strecke haltbarer und sicherer zu machen. Die Zahl der Stufen ist Gegenstand kleiner Debatten – manche zählen 198, andere 200, je nachdem, ob der letzte Absatz als Stufe mitgezählt wird. Doch die offizielle Bezeichnung bleibt bei 199, oft mit römischen Ziffern an den Seiten markiert.
Die Treppe hatte ursprünglich eine praktische und spirituelle Bedeutung. Sie war der direkteste Weg von der Stadt zur Kirche und zur Abtei, die im 7. Jahrhundert von der heiligen Hilda gegründet wurde. Manche Überlieferungen besagen, dass die Stufen als Prüfung des christlichen Glaubens dienten: Wer sie erklomm, bewies seine Hingabe. Besonders eindrucksvoll ist die Verbindung zur Begräbnistradition: Bis ins 19. Jahrhundert wurden Särge die Stufen hinaufgetragen, um die Verstorbenen im Kirchhof von St. Mary zu bestatten. Entlang der Treppe finden sich noch heute hölzerne Plattformen, die ursprünglich als "coffin benches" dienten – Ruhestellen für die Sargträger, die eine Pause einlegen mussten. Der letzte dokumentierte Sarg, der auf diese Weise hinaufgetragen wurde, gehörte Reverend George Austen im Jahr 1933.
Die "199 Steps" sind auch literarisch unsterblich geworden. In Bram Stokers Roman "Dracula" von 1897 spielt die Treppe eine prominente Rolle: Nach einem Schiffsunglück läuft eine schwarze Hundegestalt – Dracula selbst – die Stufen hinauf zum Kirchhof, inspiriert von einem realen Schiffsunglück, das Stoker in Whitby miterlebte. Diese Verbindung zur Gothic-Literatur hat den Stufen eine mystische Aura verliehen und zieht Fans der Geschichte ebenso an wie Geschichts- und Kulturinteressierte. Der Architekturkritiker Nikolaus Pevsner empfahl einst, die Stufen zu erklimmen, um den besten Blick auf die Kirche und die Klippen zu genießen, ein Tipp, der bis heute gilt.
Für Besucher ist der Aufstieg eine Mischung aus körperlicher Herausforderung und visuellem Genuss. Die Stufen sind relativ flach, aber steil, und an mehreren Stellen gibt es Bänke, die nicht nur den Sargträgern der Vergangenheit, sondern auch heutigen Wanderern eine Verschnaufpause bieten. Mit jedem Schritt öffnet sich ein neuer Blick auf Whitby – die roten Dächer der Fischerhäuser, der geschäftige Hafen und die weite Nordsee. Oben angekommen, erwartet die Besucher der historische Kirchhof mit seinen verwitterten Grabsteinen und die imposanten Ruinen der Whitby Abbey, deren Silhouette gegen den Himmel ein unvergleichliches Bild abgibt. Für diejenigen, die den Aufstieg scheuen, gibt es eine alternative Route, den sogenannten "Donkey Road", einen gepflasterten Weg, der parallel zur Treppe verläuft und ebenfalls als denkmalgeschützt gilt.
Der Park ist das ganze Jahr über ein Erlebnis: Im Sommer locken sonnige Tage und klare Ausblicke, im Winter verleihen Nebel und stürmische Winde der Szenerie eine düstere, fast unheimliche Stimmung, die perfekt zur Dracula-Geschichte passt. Die Stufen wurden mehrfach renoviert, etwa 1988 mit Unterstützung des damaligen Prinzen Charles, und 2004, als sie nach Absenkungen wieder instand gesetzt werden mussten. Diese Bemühungen zeigen, wie sehr die Gemeinschaft an ihrem Erbe hängt.
Die "199 Steps" sind mehr als nur eine Treppe – sie sind ein Stück lebendiger Geschichte, ein literarisches Symbol und ein Naturerlebnis zugleich. Sie verbinden die charmante Altstadt mit den Höhen des East Cliff und bieten einen Einblick in Whitbys reiche Vergangenheit, von religiöser Hingabe über praktische Nutzung bis hin zur kulturellen Bedeutung. Ob man sie erklimmt, um die Aussicht zu genießen, die Spuren der Vergangenheit zu erkunden oder in die Welt von Dracula einzutauchen – die Stufen sind ein unverzichtbarer Teil eines Besuchs in Whitby und hinterlassen bei jedem, der sie bezwingt, einen bleibenden Eindruck.