Memorial wall
Sehenswürdigkeit | London | England | Großbritannien
Die „Memorial Wall“ in London, besser bekannt als National Covid Memorial Wall, ist eine eindrucksvolle und emotional aufgeladene Sehenswürdigkeit, die den Opfern der COVID-19-Pandemie im Vereinigten Königreich gewidmet ist. Diese öffentliche Gedenkstätte erstreckt sich über eine Länge von mehr als 500 Metern entlang der Südufer des River Thames und wurde im März 2021 ins Leben gerufen. Sie besteht aus etwa 245.000 handgemalten roten und rosa Herzen, von denen jedes einzelne für eine Person steht, die in Großbritannien mit COVID-19 als Todesursache auf dem Totenschein verstarb. Das Ziel war es, jedes Herz einzigartig zu gestalten – ein Symbol für die Individualität der Verstorbenen – und dennoch als Ganzes ein starkes visuelles Statement zu setzen.
Die Idee zu dieser Gedenkstätte entstand aus einer Zusammenarbeit zwischen der Kampagnengruppe Led By Donkeys und der Organisation Covid-19 Bereaved Families for Justice, die von Hinterbliebenen gegründet wurde, um Unterstützung zu bieten und auf eine öffentliche Untersuchung der Pandemiepolitik zu drängen. Im März 2021 begannen Freiwillige, darunter viele trauernde Familienmitglieder, die ersten 150.000 Herzen in nur zehn Tagen zu malen. Was als spontane Aktion ohne offizielle Genehmigung begann, entwickelte sich schnell zu einem nationalen Symbol des Gedenkens. Hinterbliebene fügten den Herzen persönliche Botschaften, Namen und Widmungen hinzu, die von Liebe, Schmerz und Erinnerung zeugen. Mit der Zeit wurden weitere Herzen ergänzt, um die wachsende Zahl der Opfer widerzuspiegeln.
Die Gestaltung der Wand ist schlicht, aber eindringlich. Ursprünglich mit Kunststiften gezeichnet, verblassten die Herzen durch das wechselhafte Londoner Wetter schnell, weshalb eine kleine Gruppe von etwa zehn Freiwilligen – bekannt als „Friends of the Wall“ – die Herzen mit langlebiger Mauerfarbe nachmalt und neue Widmungen hinzufügt. Diese Volunteers, oft selbst Hinterbliebene, reisen teils von weit her an, um die Gedenkstätte zu pflegen. Sie sammeln auch Dedikationswünsche über soziale Medien und schreiben diese für diejenigen auf, die nicht persönlich kommen können. Die Wand erstreckt sich entlang eines Abschnitts des Thames Path und liegt gegenüber dem Palace of Westminster, was ihr eine zusätzliche symbolische Dimension verleiht – ein stiller Vorwurf an die Entscheidungsträger, deren Handeln oder Untätigkeit die Pandemie beeinflusste.
Die Memorial Wall ist mehr als nur ein Kunstwerk; sie ist ein Ort der Trauer, des Zusammenhalts und des Protests. Für viele Familien, die ihre Liebsten verloren haben, bietet sie einen greifbaren Ort, an dem sie ihre Trauer ausdrücken können – etwas, das während der Pandemie durch Lockdowns und Beschränkungen oft unmöglich war. Die Herzen erzählen individuelle Geschichten: Manche tragen einfache Namen wie „Andy“ oder „Mum“, andere längere Nachrichten wie „Du wirst nie vergessen sein“. Von der gegenüberliegenden Flussseite betrachtet, verschmelzen die Herzen zu einer blutroten Linie, die die immense Tragödie der über 240.000 Todesfälle visualisiert.
Die Geschichte der Wand ist auch eine Geschichte von Kontroversen und Beharrlichkeit. Obwohl sie ohne Zustimmung der Behörden begann, erhielt sie breite öffentliche Unterstützung. Prominente Persönlichkeiten wie der Oppositionsführer Keir Starmer besuchten sie und lobten sie als „bemerkenswertes Denkmal“. Der damalige Premierminister Boris Johnson kam ebenfalls, allerdings erst spätabends und ohne die Familien zu treffen, was Kritik hervorrief. Ursprünglich war geplant, die Wand nach einer gewissen Zeit zu entfernen, doch die Hinterbliebenen und Unterstützer kämpfen dafür, sie als dauerhaftes Mahnmal zu erhalten. Im März 2023 empfahl die Commission for Covid Commemoration der Regierung, die Wand zu einem permanenten Denkmal zu machen, und Gespräche mit verschiedenen Institutionen laufen, um dies zu verwirklichen.
Für Besucher ist die Memorial Wall ein bewegendes Erlebnis. Sie liegt in der Nähe des St Thomas’ Hospital, wo ebenfalls eine ältere Plakette an einen früheren Gesundheitsausbruch erinnert, und fügt sich in die historische Bedeutung des Thames Path ein. Die Atmosphäre ist oft still, gelegentlich durchbrochen von leisen Gesprächen oder dem Rascheln der Blumen, die regelmäßig abgelegt werden. Besonders an Gedenktagen wie dem Jahrestag des ersten gemalten Herzens am 29. März oder zu Weihnachten, wenn Kerzen entlang der Wand aufgestellt werden, versammeln sich Menschen, um gemeinsam zu trauern und zu reflektieren.
Die Memorial Wall steht für die kollektive und individuelle Trauer einer Nation und ist ein Zeugnis der grassroots-Bewegung, die sie geschaffen hat. Sie fordert dazu auf, die Pandemie nicht zu vergessen und die Geschichten der Verstorbenen lebendig zu halten. Als Sehenswürdigkeit ist sie einzigartig – kein poliertes Denkmal, sondern ein lebendiges, sich entwickelndes Kunstwerk, das von der Kraft der Gemeinschaft und der Tiefe menschlicher Emotionen geprägt ist. Sie bleibt ein Ort, der sowohl Trost spendet als auch Fragen aufwirft – über Verlust, Verantwortung und die Art und Weise, wie eine Gesellschaft ihre Toten ehrt.